G. F. Händel: Messias
Pauluskirche Ulm
Sonntag, 4. Dezember 2016, 18.00 Uhr

 

 

Im Lobgesang vereint

Die Ulmer Kantorei unter der Leitung von Albrecht Haupt führt in der Pauluskirche Händels „Messias“ auf. Eine große Aufgabe – die dank vorzüglicher Solisten wunderbar gelingt.

Neu-Ulmer Zeitung vom 07.12.2016 (Florian L. Arnold)

Einen vorweihnachtlichen musikalischen Leckerbissen haben die versammelten Kräfte der Ulmer Kantorei, der Camerata Ulm und des Süddeutschen Bläserensembles mit ausgesuchten Solisten unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Albrecht Haupt in der Ulmer Pauluskirche kredenzt.

Georg Friedrich Händels „Messias“ erfreut sich großer Beliebtheit, ist aber von Umfang und Aufwand her wahrlich keine Kleinigkeit. In drei Abschnitten beschreibt das Oratorium die Heilsgeschichte vom Alten Testament bis zum Neuen Testament. Händel vertonte in seinem 1741 komponierten Werk die alttestamentarischen Propheten und beschreibt mit eindringlichen Klängen das Leben Jesu. Zweieinhalb Stunden hatten Solisten, Chor und Orchester eine Spannung aufzubauen, die sich im finalen Amen entladen muss. Eine große Aufgabe, die bei der Aufführung in der Pauluskirche wunderbar gelang.

Schon die einstimmende Sinfonia und Accompagnata mit dem Rezitativ „Comfort ye my people“ mit Tenor Alexander Efanov faszinierte. Mächtiger Chorgesang, eindrucksvolle Orchesterdarbietungen und die Solostimmen wechselten sich anschließend im fortlaufenden geschichtlichen Kontext der einzelnen Messias-Teilabschnitte ab. Sopranistin Catherina Witting brillierte mit ihrer klaren Stimme und ihrem mitreißenden Vortrag – besonders berückend dann auch die Duette mit Altistin Denise Seyhan, die ihr in keiner Weise nachstand und deren Arien mit einem warmen und weichen Klang beglückten. Ganz besonders hervorzuheben sind hier die Passagen der „Hirtenmusik“, ohnehin ein besonders inniger Abschnitt des Oratoriums.

Wirkungsvoll und ausdrucksstark: Bass Daniel Blumenschein lieferte differenzierte Ausführungen der Arien, besonders bei „Blick auf, Finsternis bedecket die Welt“ oder bei „So spricht der Herr“. Tenor Alexander Efanov steigerte sich im Lauf des Konzerts zu imposantem Facettenreichtum, es war ein Vergnügen, diesem Sänger bei der Gestaltung seiner solistischen Passagen zuzuhören.

Insgesamt wieder eine beeindruckende Aufführung, die der nunmehr 85-jährige Albrecht Haupt gewohnt souverän leitete. Die imposanten Chorgesänge hatte er ebenso sicher unter seiner Hand wie die raumfüllenden Hymnen des „Halleluja“ und des abschließenden, berückenden „Amen“. Das Gelingen des mächtigen Werkes ist wesentlich auch dem sensiblen, sich subtil den Vokalparts andienenden Instrumentalisten zu verdanken. Mit großer Empathie gespielte musikalische Brücken entstanden mit exakten Einsätzen und ausgefeilter Klangkultur.

Händels elegant-strenges Meisterwerk erlangte seine Popularität zumindest auf dem europäischen Festland erst relativ spät, dafür ist es nun aus dem Konzertleben nicht wegzudenken. Schön, dass man dieses vielgestaltige Werk dank engagierter Musiker auch in der Region immer wieder live hören und erleben kann.

Das Publikum honorierte die geglückte Aufführung mit großem Applaus.

 

Tiefgreifendes Klangerlebnis der Ulmer Kantorei

Südwestpresse vom 06.12.2016 (Christa Kanand)

Der „Messias“ vor Weihnachten, das ist sozusagen das rechte Stück zur rechten Zeit. Ein tiefgreifendes Klangerlebnis, religiös-besinnliche Erbauung – auch wegen des „Hallelujah“, des barocken Welthits aus Händels berühmtestem Oratorium. Bei aller Monumentalität hatte die Aufführung in der Pauluskirche aber jetzt etwas Inniges, das mit deutschem Text den etwa 500 Zuhörern in der vollbesetzten Kirche unter die Haut ging.

Dirigent Albrecht Haupt verschmolz bravourös seine stimmprächtige Ulmer Kantorei, die musizierfreudigen Profi-Ensembles der Camerata Ulm unter Konzertmeisterin Stella Bunea und das Süddeutsche Bläserensemble, Angelika Hirsch am Orgelpositiv sowie das junge erlesene Gesangssolisten-Quartett zu einem imposanten Klangapparat. Transparenz, tonmalerische Effekte, emotionale Dichte und Spitzenleistungen prägten nach anfänglichen Balance-Schwankungen in der einleitenden Streicher-Sinfonia das zweieinhalbstündige Meisterwerk.

Im Schaffensrausch

Halb gelähmt seit seinem Schlaganfall 1737, finanziell angeschlagen nach einem Opern-Flop, schrieb Händel in einem nur rund dreiwöchigem Schaffensrausch seinen „Messiah“ für das englische Königshaus. Die Uraufführung 1742 war triumphal. Wie der Schriftsteller Stefan Zweig schrieb: Händels Auferstehung zu Lebzeiten.

Bibelworte berichten im ersten Teil mit „Wunderbar“-Chor-Jubel, der idyllischen Pastoral-„Pifa“, einem Bravourstück des Orchesters, und der berührenden Arie der beiden Solistinnen „Er weidet seine Herde“ von der Geburt des Messias. Der zweite Teil gleicht einem Trauergemälde von Leiden, Tod und Auferstehung des Heilands. Der letzte Teil von der Erlösung der Welt durch den Auferstandenen leitet nach dem grandiosen Schlusschor „Würdig ist das Lamm“ zur mächtigen „Amen“-Fuge über.

Engelsgleicher Sopran

Zwischen festlichen Chören, Streicher-Schmelz, Pauken-Donner und Bläserglanz – Marc Lentz auf der Piccolo-Trompete in der Bass-Arie „Sie schallt, die Posaun“ – gerieten ausdrucksstarke Arien und Rezitative von Denise Seyhan (Alt), Alexander Efanov (Tenor) und Daniel Blumenschein (Bass) in koloratursicherer Oratorienkunst zu Glanzlichtern. Sie vermochten wie Catherina Wittings engelsgleicher Sopran die Herzen zu bewegen.

Tosender Beifall dankte allen Ausführenden für eine Interpretation, die kaum Wünsche offenließ – allenfalls die Wiederholung des „Hallelujah“ als Zugabe.