Dietrich Buxtehude - Das Jüngste Gericht

11.11.2007 Pauluskirche Ulm

 

 

 

   Theologische Gedanken von Reinhart Müller zum Werk

 

 

Gedenkkonzert zum Buxtehudejahr 2007

DIETRICH BUXTEHUDE (1637 – 1707) steht zeitlich genau zwischen den beiden Großmeistern Heinrich Schütz (geb. 1585) und Johann Sebastian Bach (geb. 1685) und gehörte bis in seine letzten Lebensjahre zu den berühmtesten Musikern in Deutschland. Der junge Bach, Händel und andere lernbegierige Musiker pilgerten zu seiner Wirkungsstätte an der gewaltigen Backsteinkirche St. Marien in Lübeck, um das virtuose Orgelspiel des Meisters zu hören und die populären „Abendmusiken“ zu erleben, eine damals neue, von Buxtehude zu großer Dimension ausgebaute freie Form der Kirchenmusik. Der Andrang, auch zu Aufführungen in weltlichem Raum, war zeitweise so groß, dass die Polizei den Verkehr regeln musste.
Über 120 Vokalwerke, meist Kantaten für den Gottesdienst, ca. 90 Orgelwerke (sie gehören bis heute zum täglichen Brot der Organisten) und 50 Cembalo- und sonstige Instrumentalstücke sind erhalten. Dagegen gilt die Musik zu den Abendmusiken weitgehend als verloren. Erst 1924 entdeckte man in der Universitätsbibliothek Uppsala die Musik zum „Jüngsten Gericht“, die um 1683 entstanden ist. Ähnlich wie Bachs „Weihnachtsoratorium“ ist das Werk die Zusammenfassung einzelner, für mehrere Sonntage komponierter Teile mit übergeordnetem Zusammenhang. Ohne Kürzungen eignet es sich nicht für einen Konzertabend. Der Untertitel: „Das allererschröcklichste und allererfreulichste, nehmlich Ende der Zeit und Anfang der Ewigkeit, gesprächsweise in 5 Vorstellungen auff der Operen Art ... gezeiget“ ist ein gewichtiger Hinweis für die Interpretation: es darf klanglich und im dramatischen Gestus aus dem Vollen geschöpft werden. Die meisten Chöre sind in klangvoller Fünfstimmigkeit komponiert und Buxtehude verfügte über ein großes Streicherensemble. Ausdrucksstark und manchmal ergreifend eindringlich sind die Solostücke “auff der Operen Art“ gesetzt. Auch stilistisch gesehen steht Buxtehude zwischen Schütz und Bach: die wesentlichen Elemente des Bach’schen Oratorienstils sind schon entwickelt; aber Bach erzählt und kommentiert ein Geschehen, dagegen spricht Buxtehude – fast im Sinne einer Bußpredigt – seine Hörer direkt an. Mit teilweise drastischen barocken Formulierungen will er die Menschen zur Umkehr von ihrem sündigen Leben bewegen. Zu Beginn treten opernmäßig die allegorischen Figuren Geiz (Sopran I), Leichtfertigkeit (Sopran II) und Hoffart (Sopran III) auf. Die Sopranistinnen I und II müssen dann ihre Rolle wechseln: Sopran I „die gute Seele“, Sopran II „die böse Seele“. Nach manchen Schreckensdrohungen leuchtet aber im Schlusschor das Versprechen eines seligen Endes auf.
A. Haupt