F. Schubert: Magnificat
W. A. Mozart: Jupiter-Sinfonie
G. Puccini: Messa di Gloria
Pauluskirche Ulm
Sonntag, 29. November 2015, 18.00 Uhr
Frohe musikalische Botschaften
Glanzlichter zum Advent: Mit Mozart, Schubert und Puccini leitete die Ulmer Kantorei das neue Kirchenjahr in der Pauluskirche ein.
Südwestpresse vom 01.12.2015, von Sibylle Schäfer
"Adventus Domini" - mit dem ersten Advent beginnt nicht nur die stimmungsvolle
Vorweihnachtszeit, das Entzünden der ersten Kerze markiert auch den Beginn des
neuen Kirchenjahres. Die Ulmer Kantorei nahm den Sonntag nun zum Anlass für ihr
Festkonzert. Unter dem Dirigat von Kirchenmusikdirektor Albrecht Haupt, der am
7. Dezember seinen 86. Geburtstag feiert, kamen in der sehr gut besuchten
Pauluskirche drei Werke zur Aufführung, die man in dieser Zusammenstellung wohl
noch nie erlebt hat.
Buchstäblich im Zentrum des Konzerts stand Mozarts
letzte Sinfonie - in strahlendem C-Dur, ein Inbegriff der Wiener Klassik. Wie
oft ist dieses Werk schon aufgeführt worden! Haupt, ein Meister seines Faches,
muss sich und seinen Zuhörern nichts mehr beweisen. Ähnlich wie beim späten Karl
Böhm vollzog sich auch unter Haupts Händen das Wunder der Musik, das beginnt,
wenn man den verzaubernden Klängen ohne Eitelkeit und ohne etwas zu forcieren
ihren Raum lässt. Wie ergreifend es dem hoch betagten Maestro gelingt, ein Werk
rein für sich sprechen zu lassen, zeigte er gleich von Beginn an bei Schuberts
"Magnificat". Nicht nur die Ulmer Kantorei überzeugte bei diesem dreiteilig
konzipierten Frühwerk des Österreichers, auch die Solistinnen und Solisten
(Maria Rosendorfsky, Sopran, Jolanta Janicka, Alt, Peter Diebschlag, Tenor, und
Michael Roman, Bass) gaben im lyrischen Mittelteil ihr Bestes: "Er stürzt die
Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen" - mit spürbarer Leidenschaft und
wohltönenden, festen Stimmen verkündeten die vier Sänger die frohe Botschaft des
Lukasevangeliums. Ein gewaltiges "Amen" führte das Werk zu einem effektvollen
Schluss und bescherte den Interpreten den ersten großen Applaus.
Im
Anschluss daran ließ das Concerto Tübingen gemeinsam mit dem Süddeutschen
Bläserensemble die "Jupitersinfonie" mit transparentem Orchesterklang
erstrahlen. Das heimliche Glanzlicht des Abends hatten sich Haupt und seine
Musiker aber für den Schluss aufgespart: Puccinis "Messa di Gloria". Wer von den
Konzertbesuchern tags zuvor dessen "Turandot" im Theater gesehen und gehört
hatte, war gut vorbereitet auf dieses Werk, dem man seine opernhaften Züge
bereits ablauschen kann, nicht nur in den "Arien", im "Laudamus te" oder im "Et
incarnatus", die Diebschlag in typisch italienischem Stil Belcanto-gleich in
Szene zu setzen wusste.
Kontrapunktisch-deutsch und sehr "gelehrt" wurde
es in der riesigen Fuge auf die Worte "Cum sancto spirito in gloria Dei", bei
der der Chor alle Kehlen voll zu tun hatte. Lang anhaltender Applaus war die
Belohnung für diese musikalische Eröffnung der Adventszeit.
Festlicher Überschwang der Gefühle
Ulmer Kantorei in der Pauluskirche
Neu-Ulmer Zeitung vom 01.12.2015 (roma)
Beim Festkonzert der Ulmer Kantorei zum ersten Advent verknüpfte Albrecht Haupt
in der Pauluskirche Schuberts „Magnificat“ und Puccinis „Messa di Gloria“ mit
Mozarts „Jupitersinfonie“. Im romantischen Duktus des jugendlichen Puccini
prallen mit dem üppigen „Gloria“ viele Gemütsbewegungen aufeinander: Liebe,
Schmerz, verinnerlichte Freude. Concerto Tübingen, Süddeutsches Bläserensemble
und gemischter Chor ließen die „Cum Sancto Spiritu“-Fuge zu einem
Schlüsselerlebnis gemeinsamen Musizierens emporsteigen. Im „Credo“ modellierte
der Tenor das „Incarnatus est“ über den leisen Vibrationen des Chores. Nach dem
„Auferstehungs“-Fugato wurden auch weitere Sakralwerke bis hin zum jubilierenden
„Amen“ mit Puccini-Schmelz geboten.
Mit Maria Rosendorfsky (Sopran),
Jolanta Janicka (Alt), Peter Diebschlag (Tenor) und Michael Roman (Bassbariton)
waren bei Schuberts kirchenmusikalischem Triptychon alle vier Gesangssolisten in
hymnischer Gelassenheit vereint. Mit weit ausladender Behutsamkeit dirigierte
der 86-jährige Haupt den adventlichen Lobpreisgesang der Maria, den Schubert als
18-Jähriger komponierte. Die kleine „Kantate“ wurde Haupt zufolge jedoch erst
1996 für den praktischen Gebrauch gedruckt.
In der nahezu voll besetzten
Pauluskirche war dies ein bewegender Auftakt für die „Jupitersinfonie“. Unterm
empfindungsreichen Dirigat gestaltete das Orchester die letzte Sinfonie (KV 551)
Wolfgang Amadeus Mozarts mit all ihren Fanfarenrhythmen und Tanzstimmungen bis
hin zum Nabel der Schlussfuge zum eindrucksvoll-festlichen Durchlauf.
Unser Festkonzert zum 1. Advent beginnt mit dem klangvollen, kurzen „Magnificat“
von Franz Schubert, das er, der frühreif Begabte, mit 18 Jahren komponierte. Den
bekannten adventlichen Lobgesang der Maria teilt er in drei Sätze für Chor,
Solisten und Orchester auf. Der fast durchlaufend gesungene Text wird in den
Rahmensätzen von Streichern in freudiger Bewegung umspielt. Trompeten und Pauken
setzen, genau dosiert, Glanzlichter. Dagegen erklingt der 2. Satz mit dem
zentralen Wort „Misericordia“ (Barmherzigkeit) mehr verinnerlicht und wird nur
vom Solistenquartett gesungen. Die erst 1996 in der Stuttgarter Schubert-Ausgabe
für den praktischen Gebrauch gedruckte, also quasi neuentdeckte Kantate wird
vermutlich hiermit erstmals in Ulm aufgeführt.
Die schon vom Namen her
berühmte „Jupitersinfonie“ von Wolfgang Amadeus Mozart ist sein umfangreichstes
und erfindungsreichstes sinfonisches Werk und bleibt immer ein musikalisches
Wunder. Wer kann sich dem optimistischen Glanz des 1. Satzes entziehen, wer der
geheimnisvollen Melancholie des Andante? Ist das Menuett wirklich nur ein
Tanzrhythmus und nicht auch ein seelisches Stimmungsbild? Und die komplizierte
Architektur der Schlussfuge mit allen nur denkbaren kontrapunktischen Künsten
und Kombinationen der mehrfachen Themen und Motive ist nie ganz zu durchdringen.
Sie scheint verwandt zu sein mit dem „Glasperlenspiel“ von H. Hesse, ein
Klangspiel, aber nicht verspielt – höchste Könnerschaft mit spirituellem
Hintergrund – und dabei so eingängig zu hören!
Giacomo Puccini ist der
Dritte in der Reihe der großen italienischen Opernkomponisten der romantischen
Epoche, welche bis heute weltweit die Opernspielpläne beherrschen: Rossini,
Verdi, Puccini. Nur ein relativ kleiner Anteil im Schaffen dieser Meister ist
der Sakralmusik gewidmet, aber diese Werke haben immer hohen Stellenwert im
Musikleben. Die Faszination von Puccinis „Messa di Gloria“ für Chor, Solostimmen
und großes Orchester geht einerseits von ihrer Durchdringung des romantischen
Opernstils mit den typischen Merkmalen geistlicher Musik aus
(a-cappella-Partien, Belcanto-Melodien und Fugentechnik), und andererseits ist
es der jugendliche Schwung, der einfach unmittelbar zündet. 22 Jahre alt war der
Musikstudent, als er mit bereits hohem kompositorischem Können die Messe schuf.
Wie tief sie in seinem musikalischen Gedächtnis verankert war, zeigen Anklänge
an sie in manchen später geschaffenen Opern wie z.B. in „Manon Lescaut“. Mit 16
Jahren hatte Puccini beim Orgelexamen schon einen Preis errungen. Da war er in
fünfter Familientradition Organist am Dom zu Lucca. Als Schlüsselerlebnis für
seinen weiteren Lebensweg als Opernkomponist gilt eine Aufführung von Verdis
„Aida“, deretwegen er zu Fuß von Lucca nach Pisa gewandert war.
A. Haupt