Franz Schubert
Messe Es-Dur
Tantum ergo
Pauluskirche Ulm
Sonntag, 13. April 2014, 18.00 Uhr
Klanggewaltige Schubert-Messe in der Pauluskirche
30 Orchestermusiker, fast 100 Sänger und vier Solisten: Unter der Leitung von
Albrecht Haupt gab die Ulmer Kantorei eine beeindruckende Vorstellung.
Südwestpresse vom 15.04.2014, von Gottfried Lothar
Mit großem Aufgebot erklang am Palmsonntag Franz Schuberts letzte Messe in der
Pauluskirche. Die Ulmer Kantorei, jener Chor, den Kirchenmusikdirektor Albrecht
Haupt schon seit 1959 leitet, stand mit fast 100 Sängern im Altarraum hinter
einem 30-köpfigen aus Concerto Tübingen und Süddeutschem Bläserensemble
bestehenden Orchester. Genauso gewaltig klang es, wenn große
Fortissimo-Ausbrüche durch das Kirchenschiff tönten, bevor sie im ebenso
überraschenden Pianissimo verebbten. Vor diesem letzten großen Werk, das der
Komponist in seinem Todesjahr 1828 geschrieben hatte, stand noch sein zweites "Tantum
ergo" D 962 in Es-Dur auf dem Programm. Dieses schlichte Stück führte die vier
Gesangssolisten und den Chor im Wechsel durch den Text, der auf einem Hymnus von
Thomas von Aquin basiert. Sopranistin Katarzyna Jagiello, Altistin Kinga Dobay,
Tenor Burkhard Solle und Bass Manuel Sebastian Haupt vereinten sich zu einem
wunderschön harmonierenden Quartett.
Ohne Pause schloss sich die knapp einstündige Messe Nr. 6 D 950, ebenfalls in
Es-Dur, an. Die Ulmer Kantorei beeindrucke schon im "Kyrie" und "Gloria" durch
Textverständlichkeit und Ausdruck. Kleine Unsicherheiten wurden durch akkurates
Singen der beiden Fugen wettgemacht, wobei sich die zwölf Tenöre gegenüber den
19 Bässen, 37 Altistinnen und 30 Sopranen wacker hielten.
In der zweiten Hälfte traten im "Credo" erstmals wieder die Solisten ins
Rampenlicht. Das "Et in carnatus est" ist ein klangschwelgerisches Terzett im
sich wiegenden Siciliano-Rhythmus, welches von Jagiello mit ihrem warmen Sopran,
Dobay mit einem manchmal zu theatralen Alt und Solle mit seinem inbrünstig
schlichten Tenor hinreißend gestaltet wurde, wobei dieses Trio eigentlich für
Sopran und zwei Tenöre komponiert wurde. Der sich perfekt dazu mischende
klangvolle Bass von Manuel Sebastian Haupt trat erst im "Benedictus" wieder in
Erscheinung.
Der Chor und das fabelhaft aufspielende Orchester unter der Leitung von Albrecht
Haupt sorgten dafür, dass das todessehnsüchtige "Agnus Dei" in seiner polyphonen
Meisterschaft mit all den kunstreichen Anspielungen ein wahrhaftiger Höhepunkt
und Abschluss des Konzertes wurde.
Aufrüttelnde Dramatik
Albrecht Haupt dirigiert Schuberts letztes großes Werk
Neu-Ulmer Zeitung vom 19.04.2014, von Roland Mayer
Ulm Mit der Friedensbitte "Dona nobis pacem" gelingt der Ulmer Kantorei ein
befreiend losgelöster Ausklang. Das kann in Franz Schuberts Spätwerk der
Es-Dur-Messe nicht immer so sein - etwa, wenn der Chor nach dem verinnerlicht
aufschwellenden "Kyrie" sofort zur aufrüttelnden Dramatik des
"Gloria"-Gotteslobs überschwenkt. In der gut gefüllten Pauluskirche zollte die
Zuhörerschaft einer gestalterisch hochkarätigen Schubert-Interpretation nach
einer klangvollen Stunde lang anhaltenden Beifall.
Schuberts letztem großen (im Todesjahr 1928 entstandenen) Werk vorangestellt hat
Kirchenmusikdirektor Albrecht Haupt den Hymnus "Tantum ergo". Auf Thomas von
Aquin zurückgehend, haben sich viele Komponisten von Joseph Haydn bis hin zu
Bernd Alois Zimmermann dieser uralten Segens-Strophen angenommen. Franz Schubert
vertonte sie 1821 in einer friedvollen Miniatur, welche Ulmer Kantorei, Concerto
Tübingen und das Süddeutsche Bläserensemble in der Pauluskirche mit großer
Hingabe zum integrativen Prolog verschmolzen.
Im "Kyrie" der folgenden Es-Dur-Messe, die erst ein Jahr nach Schuberts Tod zur
Uraufführung kam, verstärken Streichertriolen und Hornsignal den romantisch
aufschwellenden Duktus. In den Chorfugen des "Gloria" und "Credo" erweist sich
die Ulmer Kantorei als mächtiger Klangkörper, der ebenso mit Prägnanz in der
Chromatik („Cum Sancto Spiritu") wie mit großem Atem in einer der längsten Fugen
der klassischen Messkomposition ("Das Leben der zukünftigen Welt") beeindruckt.
Im Schubertschen Spannungsfeld der überraschenden Harmoniewendungen agieren vier
Gesangssolisten wie aus einem Guss: Zu Bassist Manuel Sebastian Haupt,
Mezzosopranistin Kinga Dobay und Sopranistin Katarzyna Jagiello hat sich noch
Burkhard Solle als Tenor gesellt, der am Theater Ulm bekanntlich auch noch an
der Geige als erster stellvertretender Konzertmeister wirkt. Dort war er als
Tenor zuletzt in Partien von Monteverdi ("Die Krönung der Poppea") und Donizetti
("Lucia di Lammermoor") zu erleben.
In der Pauluskirche erhoben sich die Vier beim „Benedictus" wieder zum
geschmeidigen Quartett, um sängerische Harmonie bis ins finale "Agnus Dei"
fortzupflanzen.